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Mauerfall auf Waschbärisch

Mila Bagrat • 17. August 2021

ZUM 60. JAHRESTAG MAUERBAU - eine Geschichte zum Vorlesen und Nachdenken

Eine Leseprobe aus dem Roman „Der Archivar“ von Mila Bagrat

Der kleine Waschbär drehte sich um und schaute wie der Grenzübergang langsam in der Ferne verschwand, bis der Bus um die Ecke abgebogen war.
„Die menschliche Geschichte ist schon eine verrückte Sache. Aber eins sage ich dir, Freya, Mauern sind schrecklich. Jede Mauer ist der Anfang von einem Käfig. Man denkt, man könnte damit einige Probleme lösen, aber die richtigen Schwierigkeiten, die fangen erst damit an. Weißt du, bei uns in Alberta, das ist meine Heimatprovinz in Kanada, da gab es eine tolle Wiese nicht weit von dem Wald, wo ich mit meiner Familie lebte…“, seine Augen bekamen einen ganz besonderen warmen Glanz, man sah, wie die Erinnerungen in ihm aufkamen.
„Und durch diese Wiese verlief ein kleines Flüsschen, na ja, eher ein Bach. An einer Stelle zwischen zwei Felsen gab es besonders viele Flusskrebse. Wir Waschbären, können super fischen, alles, was uns in die Pfoten kommt – Frösche, kleine Fische oder eben Flusskrebse. Und das tun wir wirklich gern. Aber eines Tages kam ein Bauer und baute auf der Wiese sein Haus. Ich nahm es ganz gelassen, es störte mich nicht, die Wiese war groß genug für uns alle. Aber der Bauer, der war offensichtlich einer anderen Meinung, denn kaum hatten wir uns an sein Haus gewöhnt, hatte er mir nichts, dir nichts die ganze Wiese mit einem Zaun umzäunt! Ab da war ich natürlich gezwungen, über diesen blöden Zaun zu klettern, jedes Mal, wenn ich am Bach fischen wollte. Aber das hatte dem Bauern wieder nicht gefallen. Er spitze die Zaunpfähle oben so scharf an, dass ich mich beim Rüberklettern blutig kratzte. Also, hatte ich ein Loch unter dem Zaun gegraben und gelangte auf diese Weise zum Bach. Aber auch das gefiel dem Bauern nicht, er schüttete meine Löcher regelmäßig zu, mehr noch – er füllte sie mit Glassplittern und scharfen Scherben auf, so dass ich mir beim Graben die Pfoten zerschnitt.“
Freya schaute Björn betroffen und erschrocken zugleich an. Beim Sprechen betrachtete der kleine Waschbär seine Handflächen, als würden ihm die dünnen Narben auf den schwarzen Handballen ihre Geschichte erzählen.
„Ab da wurde es ernst. Richtig ernst. Langsam kochte in mir Wut auf. Von der einen Seite war es mir bewusst, dass ich mich da mit dem gefährlichsten Raubtier der Welt anlege – mit einem Menschen! Mannomann, dabei mag ich Flusskrebse nicht einmal! Ich bin eher ein Süßschnabel, aber verdammt noch einmal! An diesem Bach hatten mein Vater, mein Opa, mein Uropa gefischt und kein Zaun der Welt wird mich daran hindern können, das auch zu tun, verstehst du? Es ging doch schon längst nicht mehr um die Flusskrebse, es ging um Prinzipien! Dieser dämliche Bauer hatte die Situation gewaltig unterschätzt. Genau hier trat die Weisheit Nummer was weiß ich in Kraft: „Leg dich nie mit einem Waschbären an!“Also nahm ich mir das Haupttor vor. Der Riegel war echt ein Witz, zumindest für diese zwei Prachtpfoten!“
Er hielt Freya seine kleinen schwarzen Pfötchen wie zur Begutachtung hin und sie nickte bestätigend. „Der Bauer wurde rasend vor Wut, als er das mit dem Tor gecheckt hatte. Er befestigte sogar noch ein zusätzliches Schloss, aber ich sage dir – wer so geschickte Hände wie ich hat, braucht keinen Schlüssel, um überall reinzukommen. Irgendwann wurde es dem Bauern klar und er hielt jede Nacht höchstpersönlich die Wache vor dem Tor. Aber nicht allein, nein, er hatte zwei üble Hunde dabei und seine Schrotflinte. Eines Nachts hatte er mich fast erwischt. Die Ladung ging knapp an meinem Kopf vorbei und versengte mir das Fell – hier und hier“.
Freya schlug entsetzt die Hände vor den Mund und sah sich die Stellen an, die Björn ihr zeigte. „Der Bauer wollte sich vor mir schützen, dabei hatte ich ihn erst gar nicht bedroht. Er hatte sich selber hinter seinem Zaun eingesperrt, dabei hatte er mich ausgegrenzt und mir ein Stück meiner Freiheit genommen – ein schönes sonniges Stück Wiese mit einem Bach und Flusskrebsen drin. Er dachte, er kann mich mit seinem blöden Zaun umerziehen, mich zwingen, aufzugeben, schön brav in meinem Wald zu bleiben. Er dachte, er kann mich an die Leine legen, so wie er das mit seinen dämlichen Kötern gemacht hatte. Aber nicht mit mir!“ Björns Augen glänzten. Er presste seine rechte Faust auf die weiße flauschige Brust. „Niemand legt einen freien Waschbären an die Leine! Niemand! Schon bald musste auch der Bauer das lernen. Ich blieb bis zur Dämmerung in der Nähe seines Tores und als die Arbeiter von dem Feld mit dem Heuwagen kamen, kletterte ich hinten in den Wagen hinein und versteckte mich im Stroh. Auf diese Art und Weise wurde ich fürstlich in das verbotene Reich eingefahren. Was soll ich sagen? In dieser Nacht stand Rache auf meinem Speiseplan! Ich trank die Eier in dem Hühnerstall aus, ich brach in der Speisekammer ein und knabberte Schinken und Würste, Käse und Brot an, ich zerriss die Mehlsäcke und trank Sahne aus Krügen, ich öffnete sogar ein paar Fässer Bier, nicht dass es mir schmeckte, aber es schäumte so lustig auf dem Boden. Ich sage dir, ich hinterließ ein Bild der Verwüstung, als wäre dort eine Heuschreckenplage ausgebrochen.“
„Oh, nein…“, flüsterte Freya entsetzt. „Aber jetzt hast du ihn erst recht wütend gemacht. Dafür würde er dich töten!“
Björn lächelte beruhigend und fuhr mit der schwarzen Pfote durch das kurze Kopffell. „Immer mit der Ruhe, Kleines! Ich würde ja sonst kaum hier sitzen können, oder? Nein, der Bauer war doch schlauer, als ich es zuerst dachte. Denn bereits am nächsten Morgen hatte er…“
„Alle seine Freunde gerufen, um mit Gewehren und Jagdhunden den Wald abzusuchen?“, beendete Freya finster den Satz.
„Nein“, Björn schüttelte lächelnd den Kopf. „Er hatte…“
„Den Wald angezündet, um dich auszuräuchern?“ Wieder ein Kopfschütteln.
„Überall Giftköder und Fallen gestellt?“
 „Nein, nein, nein. Nichts dergleichen!“, Björn hielt eine kurze spannende Pause, schaute ihr direkt in die Augen und sagte: „Er hatte das Tor offen gelassen.“
„Wie bitte?!“ Freya saß mit offenem Mund da und starrte Björn verständnislos an.
„So einfach. Seit dem Tag ließ er das Tor offen. Ich meine nicht sperrangeloffen, aber nur so angelehnt. Und ich ging jeden Tag vorbei und schaute, ob das Tor immer noch unverschlossen war. Aber es blieb dabei. Und ich setzte nie mehr meine Pfote auf diese Wiese und fischte auch nie mehr dort, aber letztendlich ging es mir nicht um die Krebse, mir ging es darum, dass ich es jeder Zeit machen könnte, wenn ich es wollte.“
„Wow“, hauchte Freya zutiefst beeindruckt. „Das nenne ich eine Geschichte…“
„Jawohl“, nickte Björn ernsthaft. „Du fragst dich sicher, warum ich sie dir erzählt habe? Denkst du, die Menschen waren damals mit dieser Mauer einverstanden? Die quer durch das ganze Land verlief? Oh, nein! Es wurden unterirdische Tunnel gegraben, um unter der Mauer durchzukommen, es wurden Heißluftballons und Segelgleiter gebaut, um drüber zu fliegen, es wurden Flöße, Schlauchboote und Luftmatratzen eingesetzt, um drüber zu schwimmen! Auch hier direkt am CheckPoint Charlie hatte man versucht mit einem LKW die Absperrungen zu durchbrechen, mit Erfolg, wohl bemerkt. In einem sind wir uns alle ähnlich – wir lassen uns nicht gern einsperren. Und du, Freya, musst dir eins merken – lass dir nie deine Freiheit nehmen! Das ist das Kostbarste, was man haben kann. Erlaube es niemandem, vor dir neue Mauern zu errichten, weder räumlich, noch hier“, er klopfte mit der kleinen Tatze auf sein eckiges Köpfchen.

von Mila Bagrat 1. März 2024
Doch am nächsten Morgen beim Versuch das alles aufzuschreiben – Häh? Wer wo wann wohin und vor allem wieso? Keine Ahnung… Also mir passiert das ständig. Ich bin von Natur aus eine Eule und nach 12 fängt das Leben für mich erst an. Meine Fantasie ist sozusagen „nacht gesteuert“. Deswegen wartet mein Handy immer brav auf dem Nachttischschränkchen auf den nächsten kreativen Anfall. Nur so kann ich in der Notizen-App das Meiste festhalten und endlich Ruhe haben. Sonst hilft nur eins – aufstehen und schreiben, schreiben, schreiben. Übrigens das bunte Video aus meinem Reel wurde von mir in Bordeaux beim letzten Urlaub aufgenommen. In Bassins des Lumieres, einem ehemaligen U-Boot-Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der jetzt ein Zentrum für digitale Kunst ist. Wir besuchten dort die digitale Ausstellung von Dali und Gaudi. Kann ich jedem Kunstbegeisterten nur empfehlen – die düstere Location, die grellen Farben, die Dreidimensionalität, das Licht, die Musik. Ein grandioses Erlebnis. Einzigartig. Etwas, was die Seele zum Blühen bringt. Bleibt kreativ, eure Mila #derarchivar #magischesdeutschland #milabagrat #borealis #bookstagramgermany #fantasybücher #bücherschreiben #bücherwurm #bordeaux #reisen #frankreich #reisenmachtglücklich #autorinnenleben #jugendbuch #bücherverrückt #ferien #kunstgalerie #instaart #kunstliebhaber #bücherliebe #bücherfürkinder #autorenleben #bücherfreunde #autorenaufinstagramm #kunstsammlung #büchersindtoll #leseratte #buchnerd #büchersucht #lesenistschön
von Mila Bagrat 1. März 2024
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von Mila Bagrat 30. Januar 2024
Ja, aber wir - Autoren, Germanisten, Dolmetscher, wir stecken voll mit solchen akademischen Ausdrücken. Sollen sie jetzt verstauben? Von wegen! Als ich neulich gehört hatte, wie die Jury der sprachkritischen Unwort-Aktion das Unwort des Jahres gewählt hatte und es unter anderem als eine „beschönigende Tarnvokabel“ bezeichnete, dachte ich sofort: "Was für ein Ausdruck! Eine be-schö-ni-gen-de Tarn-vo-ka-bel! Formschön, deutungsstark, aussagekräftig… Aber wieder so ein Ausdruck, für den man im normalen Leben keinen Platz findet". Oder? Dann vor ein paar Tagen kam der viele Schnee und mein Autorenkater Smokey (soll erwähnt werden - ein sibirischer Waldkater!) wagte einen kurzen Ausflug nach draußen in das große glitzernd weiße Nichts. Bereits nach ein paar Sekunden der Bekanntschaft mit dem Schnee schüttelte er angewidert die Pfoten und flüchtete ruckartig in das warme Haus. Mit dem Gesichtsausdruck wie auf dem Foto oben. Im Haus setzte er sich auf seine persönliche Wärmflasche und ließ sich zitternd, zutiefst erschüttert in eine warme Decke einwickeln. Nun standen wir da und beobachteten ihn nachdenklich. Das soll ein Waldkater sein? Wild, robust, abenteuerlich? Ein noch SIBIRISCHER dazu? Und dann meinte mein Mann nachdenklich: "Na ja, man könnte meinen, in Bezug auf unseren Smokey ist sein Gattungsname kein Programm, sondern eher... eine beschönigende Tarnvokabel!" #borealis #derarchivar #magischesdeutschland #milabagrat #autorenkatze #schreibupdate #tierliebhaber #schreibbuddy #lesebuddy #haustier #katzen #katzenliebe #katzenleben #katzenaufinstagram #tierliebe #bookstagramgermany #sprache #bücherschreiben #bücherwurm #autorinnenleben #jugendbuch #bücherverrückt #bücherliebe #autorenleben #autorenalltag #schneezauber #schreibzeit #leseratte #buchnerd #büchersucht
von Mila Bagrat 15. Dezember 2023
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von Mila Bagrat 15. Dezember 2023
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von Mila Bagrat 15. Dezember 2023
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von Mila Bagrat 2. November 2023
Angezogen von der extravaganten Überschrift und da ich generell für alles Süße und Niedliche zu haben bin, stürzte ich mich ins Lesen. Es wurde viel über die unterschiedlichen Facetten der Niedlichkeit nachgedacht und vor allem - es wurde versucht festzustellen, wo der schmale Grat zwischen Niedlichkeit und Grusel liegt, ab wann ist süß nicht mehr einfach nur süß, sondern mehr und ob diese scheinbaren Gegensätze: Niedliches und Gruseliges miteinander verknüpft werden können. In dem Moment stellte ich verblüfft fest, dass meine Bücher voll von diesen Gegensätzen stecken – neben den niedlichen, super-süßen Wesen (siehe das Bild) trifft der Leser dort auch schaurige Monster und gerät bisweilen in völlig unerwartete gruselige Wendungen, die tief unter die Haut gehen. Warum ich unbedingt beides haben muss? Weil beides – Niedliches wie Gruseliges für mich zum Leben gehört. Beides verdient unsere Aufmerksamkeit, ist faszinierend, erfrischend, erstaunlich und gehört zu einem guten Sujet. Wie Zucker, Salz und Pfeffer in jeder Küche nicht fehlen dürfen, nur die Mischung macht es eben! Nur die unerschrockene Hand einer Schriftstellerin entscheidet, in welchen Proportionen beides in der Geschichte vorkommt und wie es dann dem Leser „schmecken“ wird. In diesem Sinne – schauriges Halloween, meine Lieben! Eure Mila P.S. Das schwarze Kissen auf dem Foto habe ich extra zum Halloween genäht. Ich hoffe, ihr findet es erschreckend genug.
von Mila Bagrat 2. November 2023
Und wie der kleine Waschbär Björn aus meinem Buch „Der Archivar“ muss ich doch auch irgendwie auf meine Berge voller Weintrauben kommen. Zugegebenermaßen ist es ein sehr kleiner Berg auf meinem Foto, aber ich habe nur diesen einen Rebstock und die Pflanze ist sehr jung, aber fleißig. Außerdem ist RLP nicht überall gleich: es ist sicherlich einfacher irgendwo an einem sonnigen Moselhang eine Weinrebe anzubauen, als hier bei uns - mitten in Hochwald, noch als Deutschlands Kanada genannt, kurz vor dem Erbeskopf – dem Berg, der ich zitiere “mit 816,32 m die höchste Erhebung in Deutschland auf der linken Seite des Rheins ist“ Das sind dann nicht ganz so ideale Weinbedingungen. Aber was soll´s? Unsere Weinrebe ist eine echte Kämpferin, hat sicherlich im ersten Winter nicht schlecht gestaunt, aber einfach weiter gemacht. Und auf dem Foto seht ihr meine Weinernte neben unseren Passionsblumen, zwei Sorten – die blaue und violette, die sich wie siamesische Zwillinge ineinander verflochten haben. Diese in Südamerika und Australien verbreitete Pflanze hat sich sicherlich auch „leicht“ über das raue Klima gewundert, aber dann gedacht: „Was soll das Meckern? Die Weinrebe neben mir kommt doch auch irgendwie zurecht!“
von Mila Bagrat 31. Oktober 2023
Aber ernsthaft jetzt: Leute, kennt ihr Storrie? Seid ihr schon da – als Autoren oder Blogger? Ich habe diese Plattform vor kurzem entdeckt, fast gleichzeitig, als sie ins Netz gegangen ist, glaube ich, und ich muss euch sagen, es ist eine echt coole Sache! Wie es schon in dem Motto von Storrie heißt: „Einfach mehr Reichweite für Geschichten!“, das ist das Hauptziel dieser Plattform, Autoren und Blogger zusammenzuführen und diesen Prozess maximal einfach und effektiv zu gestalten. Natürlich gebührenfrei. Ihr eröffnet dort ein Konto, stellt kurz eure Werke vor, sucht aus den vorgegebenen Parametern eure Schwerpunkte bei der Zusammenarbeit aus und dann wartet ihr einfach, bis ein Blogger in eure Netze tappt und euch einen Kooperationsantrag stellt. Oder umgekehrt. Die Zusammenarbeit ist maximal einfach gestaltet – das kann ich euch garantieren, denn ich bin auch nicht gerade das größte Computergenie, und trotzdem habe ich alles in wenigen Schritten geschafft, ohne mich groß von meinem aktuellen Projekt ablenken zu müssen. Und jetzt habe ich schon meine erste Kooperation – eine nette Bloggerin Himbeere liest bekommt eine Magic Box von mir mit „Der Archivar“ und einigen Goodies und ich bin schon gespannt auf ihre Rezension. Das eine steht fest – früher kannten wir uns nicht und ohne Storrie hätten wir einander nicht gefunden! Also eine klare Weiterempfehlung, damit eure Geschichten noch mehr Stimmen bekommen! Eure Mila
von Mila Bagrat 31. Oktober 2023
Von wegen! 10 Tage blendende Sonne und strahlend blauer Himmel mit vereinzelten kleinen britischen Schäfchenwölkchen. Am Ende war es so unsagbar schön, dass wir sogar noch ein paar Tage an der englischen Meeresküste dran gehängt hatten. Wir mieteten ein wunderschönes schneeweißes Häuschen mitten in einem ruhigen Wohnviertel – wie es in jedem britischen Krimi zu sehen ist – Stockrosen und Palmen in dem winzigen Vorgarten, hohe dunkelgrüne Hecke mit ein paar Kaninchengängen darunter und sogar unser ganz persönlicher frei laufende Fuchs, der fast jeden Abend durch den Garten lief. Wir fuhren jeden Tag mit der Eisenbahn nach London und ließen die volle unfiltrierte Lebensenergie der britischen Metropole auf uns wirken. Wie wir uns fühlten? Wie Alice im Spiegelland, wo einem alles vertraut und gleichzeitig irgendwie … spiegelverkehrt vorkommt! Die Autos fahren links statt rechts, die Fahrer sitzen rechts statt links, die Fenster kippen nach außen statt nach innen, sogar die Regler am Küchenherd drehen sich gegen den Uhrzeigersinn… Es waren wunderbare verrückte Ferien – eine Mischung aus Paddington, Harry Potter und Sherlock Holmes. Und jeden Tag warteten wir unterschwellig auf den Regen, der bekanntermaßen irgendwie dazugehörte, aber nie kam! Und so blieb der trockene Witz von dem Bahnangestellten, der auf die Bemerkung von meinem Mann über das unverhofft sonnige Sommerwetter antwortete: „Wir sind in England, Sir. Hier haben wir keinen Sommer, nur einen teilweise sehr milden Winter“ – am Ende doch nur ein Witz. Es gibt Sommer in England und wir haben ihn erlebt!
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